Der heutige Tag markiert im liturgischen Kalender den Freudentag, als Maria die Verheissung durch den Heiligen Geist empfing.
Mein heutiger Tag bestand hingegen aus dunklen, grauen, schweren Wolken.
Mir liegt die morgige Visitation der Zürcher Ordensgrupppe bereits jetzt schwer im Magen, das Wetter und der weibliche Zyklus tun ihr Übriges dazu – wobei ich durchaus dankbar bin, dass mein Körper (trotz meiner falschen, achtlosen und suchtgetriebenen Handhabung) tut, was er soll, aber es bleibt eben nicht minder hinderlich und ich fühle mich wirklich unrein, so als Frau. Quasi ein scharfer Kontrast zu dem Teil der Schöpfungsgeschichte, den wir heute feiern.
Als Binge-Eater, der Tag für Tag einen erbitterten Krieg gegen den Zucker führt, wie Andere vielleicht gegen Kokain, hatte ich also auch heute wieder einen Tag, an dem ich völlig brutal versagt habe und mich nicht nur physisch, sondern auch psychisch schwer fühle.
Das fehlende Tageslicht entspricht meiner fehlenden Energie, auch wenn der Regen herrlich entspannend und tanzend nieder prasselt.
Kein hochgradig überbezahlter, studierter Politkopf im ach so sozialen Zürcher Kanton war heute an meiner Seite, als mein jüngerer Bruder einen seiner sehr seltenen Tage hatte, an denen sein Autismus schier unerträglich ist, wenn er über Stunden hinweg in einer verneinenden Schlaufe fest steckt, beleidigt am Mobiliar protestiert und einen so den kläglichen, verbliebenen Rest an Geduld und Kraft aussaugt, wenn auch natürlich gänzlich unbeabsichtigt. Ich mache nicht ihm den Vorwurf, das würde ich nie, aber ich werfe es dem kranken System verbittert vor. Mal wieder. Es ist das Los pflegender Angehöriger, dass wir all die Belastung gefälligst irgendwie zu stemmen haben, genau so wie das überstrapazierte Pflegepersonal, mit dem Unterschied, dass wir statt schlechter Bezahlung gar keine Bezahlung erhalten... Und auch keine fachliche Unterstützung. Pflegende Angehörige sind mit allen Problemen jederzeit alleine, sei es in einer Nacht voller Unruhen, oder tagsüber, mit einer Tonne Papierkram.
Niemand ist da, der hilft.
Von Menschen, bei denen ich froh und dankbar wäre, dass sie mir an solch schweren Tagen im gemeinschaftlichen Sinne eine emotionale Stütze wären, höre ich nichts ausser scheinbarer, stiller Erwartungen.
Hetzer-Hugo teilt wohl derweil, mal wieder, auf einer "Nachrichtenseite" verbal gegen das Christentum aus; meine Zeit war mir schlicht zu kostbar, als dass mein Interesse dafür über die reisserische Schlagzeile hinaus reichte, ganz ehrlich.
Ich habe Wichtigeres und mitunter Besseres zu tun, als Hass weiter zu tragen...
Ja, heute war ein Tag, an dem ich mich von den Menschen gänzlich verlassen fühlte, wo die Last der Welt erdrückend wiegt und die Flut der inneren Tränen und der Schreie kein Ende nehmen will, auch jetzt nicht, in diesen späten Stunden.
Doch genau in solchen Momenten mache ich die Erfahrung, obwohl es mein nüchtern erzogener Geist vor lauter Stress im Grunde nicht einmal zu hoffen wagt, dass Gottes Gnade und Liebe umso mehr zu greifen vermag.
Obwohl ich mich heute nichts als versagen sah, so schenkte mir der HERR heute erst einen unverhofften Geldsegen – zusammen mit einigen, angesparten Reka-Checks reicht dieses Geld punktgenau aus, um mir das Jahresabonemment für den öffentlichen Verkehr finanzieren zu können. Somit bleibe ich innerhalb des Kantons mobil für meine Arbeit in der Langzeitpflege, obwohl mein Konto aufgrund bezahlter Rechnungen nahezu bei Null stand, unübertrieben.
Heute machte ich mich auf den Weg in die Stadt, auf die Suche nach einer Skapuliermedaille; aufgrund des veganen Lebensstils mag ich künftig auch unter den Kleidern keine Wolle mehr tragen, und ein Anhänger aus Metall ist sicherlich langlebiger als die dünnen, oft schlecht vernähten Stoffteile, die auch dann nicht lange halten, wenn ich sie gewissenhaft mit Nadel und Faden verstärke.
Wir gingen zuerst zum Oremus, doch ausgerechnet heute hatte der angrenzende Laden zu, und mein Bruder und ich beteten stattdessen noch in kurzer Stille vor dem Allerheiligsten, mitten im pulsierenden Herzen der Stadt. Danach liefen wir von der nahen Predigerkirche bis fast zur Liebfrauenkirche, vorbei an wunderbar blühenden Kirschbäumchen, die im Sonnenlicht eines blau schimmernden Himmels allesamt in reines, weiches Weiss gehüllt waren, wie die Braut, die zu unserer unbefleckten Mutter im Himmel wurde...
Wir kamen nur wenige Minuten nach 16 Uhr bei jener Buchhandlung, direkt unterhalb der Kirche, an, die ein beeindruckendes Arsenal an geistigen Schriften und religiöser Hilfsmittel zu bieten hat. Ich merkte erst an der Tür, dass wir zu spät dran waren und wollte schon weiter, um in die Stille der Kirche zu flüchten, als sich Herr Strobel meiner erbarmte, mich von der Strasse holte und den Laden extra noch einmal aufschloss. Er hatte die dringend benötigte Medaille samt einer stabilen Kette vor Ort und das Geld, das ich dabei hatte, reichte punktgenau aus, um das stabile Silber bezahlen zu können.
Ich war diesem guten, frommen Mann unsagbar dankbar, dass er, einmal mehr, einen meiner Sonderwünsche zu erfüllen vermochte, und dies auch noch in einer endlosen Geduld – das Stoffskapulier musste bereits früh nach dem Auflegen bereits genäht werden und es ist bereits wieder beschädigt. Ohne ein Skapulier fühlt sich meine Seele förmlich nackt und schutzlos an, und so war Herr Strobel heute förmlich mein Held des Tages! <3
Mein Bruder und ich liefen zur Haldenegg-Tramstation, die sich direkt unterhalb der der zentralen Stadtkirche befindet. Ich besah mir die Agenda der Liebfrauen und stellte fest, dass ich genau zum Zeitpunkt des Beichtfensters eintraf! Meine letzte Beichte ist schon wieder drei Wochen her und all die Sünden wiegen mir schon wieder schwer auf dem Gemüt... Da mein Bruder aber verneinte und heute einen sehr unruhigen Tag hat, blieb ich der Beichte fern – was ich natürlich keine zwei Minuten später im gewissen Sinne bereute, doch allein die Tatsache, dass ich, die sonst so isoliert von aller Gelegenheit ihr Dasein fristet, einen derartigen Moment förmlich geschenkt bekam...! Es erschien mir wie ein Zeichen des Himmels, quasi verpackt mir einer hübschen Schleife.
Und apropos Band: ich habe die Angewohnheit, bei welchselhaftem Wetter den Himmel förmlich nach einem Regenbogen abzusuchen, fast mit einer Art kindlichem Eifer.
Während ein grosser Teil der Menschen die Farben des Regenbogens wohl nur noch mit irgendwelcher Pride-Symbolik verknüpft, so blieb mir der Regenbogen, dieses bunte Wunder des Lichts in den dunklen Wolken, das Zeichen des Bundes, den Gott damals mit Noah und den Menschen schloss. Auch für mich ist es also (weiterhin) ein Zeichen der Liebe, doch sogar einer Liebe, die weit über menschliche Sexualität hinaus geht.
Und meine stille Bitte blieb nicht unerfüllt: bereits im Tram, das Richtung Flughafen fuhr, sahen wir in Züri-Oerlikon einen schwachen, aber doch gut sichtbaren Regenbogen, vor dem wechselhaften Himmel.
Und im Flughafen, kaum versagte ich erneut in Sachen Futterei, und kaum reichte das verbliebene Münz und die Supermarkt-Guthabenkarte punktgenau für den benötigten Einkauf aus, erblickte meine geknickte Seele ihn schliesslich: kurz vor Antritt der Heimreise erstrahlte sogar ein doppelt angedeuteter, leuchtender Regenbogen, der sich noch lange Zeit in den umliegenden Fensterfronten spiegelte, während der Bus uns zurück, ins weit entfernte Dorf, brachte.
Mein Tag endet heute also, trotz schwerer Ausgangslage, in tiefer Dankbarkeit, ganz gemäss dem heutigen Fasten-Impuls.
Der traditionelle, ungarische Haussegen endet mit dem Satz "Dort, wo Gott ist, mangelt es an nichts.". Und es ist wahr!
Dort, wo die Welt wiederholend versagt, ist die Gnade überreich geworden.
Gott weiss, was wir brauchen – oft genug sogar, bevor wir es wissen.
Und wenn Gott schon die kleinsten Lebewesen versorgt, wie sehr dann erst jene, die er seine Kinder nennt, die aus Seiner Gnade gerecht werden, nicht allein durch ihre Werke!
Bei IHM ist nichts unmöglich.
Als selig gelten jene sanften Seelen, die das Land erben werden.
Nichts von allem, das mir schon in diesem Leben gegeben ist, verdiene ich.
Wie oft sehe ich mich gering und ehrlich unwürdig!
Und wie tief berührt es mich umso mehr, wenn ich derart deutlich vom Himmel empfangen darf...!
IHM sei Lob und Dank, in Ewigkeit.
Amen.
Quellen: HEKS, Partner sein (christkatholisch), Fastenaktion